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Abkürzungen in allen Branchen

Veröffentlicht am 8. Januar 2021

Die Feiertage liegen hinter uns und Sprüche wie «ich bin dieses Jahr an Silvester nicht wachgeblieben, um das neue Jahr zu begrüssen, sondern um sicher zu sein, dass das alte geht» sind noch präsent. Übergänge sind für Menschen etwas Wichtiges und so wird oft auch der Start ins neue Jahr genutzt, um sich neue Ziele zurechtzulegen, vielleicht Vorsätze zu fassen und hoffnungsvoll daran zu glauben, dass man sie dieses Mal auch wirklich über den Februar hinaus umsetzt. Wie es gelingen kann, sein eigenes Leben aktiv zu gestalten ist immer wieder Thema in meinen Beratungsgesprächen. Aber schaut selbst rein.

Wenn man sich die Jahresrückblicke in den Medien anschaut, dann wird schnell klar, dass die Pandemie uns im letzten Jahr massgeblich umgetrieben und geprägt hat, mein letzter Post aus 2020 weist bereits darauf hin. Einige Fernsehstationen sind sogar dazu übergegangen zwei Rückblicke zu gestalten, einen über COVID-19 und einen über alles was sonst noch passiert ist. Kein Wunder ist die Pandemie auch Thema an vielen Küchentischen und in Gesprächen mit Freund*innen beim Spazieren im Wald oder am Schlittelhang mit den Kids geworden. Und – wenig überraschend – auch in den Beratungsräumen.

Verstärkt berichten mir Kund*innen, dass sie Mühe mit der Situation bekunden. Da gibt es natürlich die unterschiedlichsten Ausprägungen. Während der eine gezwungen ist, einen neuen Job zu suchen, weil er in der Eventorganisation kein Auskommen mehr findet, sitzt die andere einsam im Home Office, vermisst ihre Arbeitskolleg*innen und merkt, wie wenig ihr der Arbeitsinhalt noch zusagt und wieder andere werden zappelig, weil sie ihren Bewegungsdrang nicht mehr in Fitnesszentren oder Schwimmbädern ausleben können. Und ja – die Probleme sind unterschiedlich gross und manche erscheinen vielleicht als Luxusprobleme. Wie ihr wisst, bewege ich mich selbst sehr gern in mit Chlorwasser gefüllten Becken auf und ab und geniesse die Auszeit in der gefühlten Schwerelosigkeit. Und auch wenn ich Zeit dadurch gewinne, nicht jede Woche nach Olten zu pendeln in die Vorlesungen des FHNW, so vermisse ich die Gespräche mit meinen Mitstudierenden sehr.

Manche erleben die Krise aber auch als Chance. Kürzlich sass eine junge Frau bei mir, nennen wir sie Claudia. Vom Typ her eine engagierte, zielstrebige Person mit Sinn für Humor, die sich viele Gedanken macht über sich und ihre Umwelt. Wir diskutieren über Dinge, die ihr Energie geben und solche, die Energie fressen. Rasch kann sie die positive Seite mit Punkten füllen, wie Neues lernen, Yoga machen und laufen, draussen in der Natur sein oder Podcasts hören. Bei den Energiefressern steht neben dem Punkt ‘unsicher wie es bei mir im Studium weitergehen soll’ auch ‘Treffen mit Freund*innen’. Der erste Punkt ist der Trigger, warum sie bei mir in der Beratung sitzt, daran arbeiten wir, damit Claudia eine klare Perspektive bekommt und sich für einen Studiengang entscheiden kann, der ihr wirklich entspricht und bei dem sie klar vor Augen hat, wo sie damit hin kann, wenn sie später in den Arbeitsmarkt eintritt. Das gibt ihr Klarheit und den Eltern Sicherheit, dass die Tochter auf dem richtigen Weg ist. Ich spreche sie auf den Punkt Treffen mit Freund*innen als Energiefresser an. Sie lächelt und meint, «es ist vielleicht seltsam, aber ich merke, dass ich wegen Corona gewissen Treffen aus dem Weg gehen kann, die mir nicht gut tun. Oder wir gehen einfach spazieren, was mir viel besser liegt als in einem Café zu sitzen, wo ich doch sonst schon den ganzen Tag im Labor oder Vorlesungsaal verbringe.» Ein positiver Corona-Effekt sozusagen. Ich schaue mit ihr an, wie sie die Abgrenzung und das Setzen von Prioritäten für sich selbst in den Alltag einbauen kann. So dass es ganz selbstverständlich wird, auch über die Pandemie hinaus.

Eine Freundin von mir meinte kürzlich: «Jetzt wo nichts mehr stattfindet» (sie singt im Chor, besucht Tanzkurse und schwimmt sonst regelmässig), «kann ich mich einmal richtig erholen und schauen, was mir wirklich fehlt.» Ich denke, das ist die Chance, die wir packen sollten. Nochmals zu sortieren, welche Aktivitäten und wirklich gut tun und welche nicht. Und dann gezielt planen, was in unsere Woche rein darf und was nicht. Ja, natürlich gibt es Dinge, die nicht verhandelbar sind. Aber dort, wo wir uns im Freizeitbereich bewegen, machen wir uns oft das Leben selber schwer. Wie Claudia, mit den Treffen in einem für sie nicht erholsamen Rahmen, einfach weil ‘man’ das so macht. Ich gebe meiner Kundin den Auftrag, sich zu überlegen, wo sie die positiven Energiequellen in den Alltag einbauen will und was sie vielleicht einfach streicht.

2 Wochen später sitzt mir Claudia wieder gegenüber. Sie zückt ihr Moleskin und zeigt mir einen handgemalten Wochenplan. In schwarzer Schrift sind ihre Vorlesungen erfasst, in blau ihr Nebenjob. «Und in pink, weil ich diese Farbe mag, hab ich all die tollen Dinge eingetragen, die mir Energie geben, ausserhalb von Studium und Beruf. Das hat Spass gemacht, ich hab’s schon eine Woche ausprobiert und freue mich, dass ich diese Highlights habe.» Wir besprechen den Plan, ich ermutige Claudia dranzubleiben und auch zu experimentieren. Zum Schluss des Gespräch sagt sie: «Hej, mit dieser Aufgabe brauche ich gar keinen Neujahrsvorsätze mehr, hier ist schon alles drin». Das ist natürlich eine ideale Ausgangslage.

Damit Claudia wirklich dauerhaft an ihrem Plan festhält, braucht es nun noch das Verankern der neuen Gewohnheiten im Gehirn. Hierzu wurden verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt, z.b. diese im European Journal of Social Psychology publizierte Studie. Die Ergebnisse sind relativ eindrücklich. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Um neue Gewohnheiten zu etablieren, so dass sie automatisch ablaufen, dauert es mehr als 2 Monate. In einem Experiment wurden 96 Personen über einen Zeitraum von 12 Wochen begleitet und alle haben 1 Gewohnheit geändert. Durchschnittlich brauchten die Proband*innen 66 Tage, bis die Gewohnheit automatisch ablief.

Und so gelingt es, jene Dinge, die wir umsetzen wollen auch tatsächlich im Leben zu behalten. Egal ob es Vorsätze sind, die zum Jahresstart (oder wann auch immer im Jahr!) gefasst werden oder im Rahmen einer Laufbahnberatung oder nach einem erholsamen Weekend in den Bergen. Und plötzlich geht den Kund*innen noch vor Weihnachten die Liste der Vorsätze aus. Toll, das zu sehen.

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