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Abkürzungen in allen Branchen

Veröffentlicht am 7. Mai 2021

Habt ihr auch das Gefühl, dass das Thema Gendern in den letzten Monaten wieder Fahrt aufgenommen und sich nun auch in der Breite der Gesellschaft etabliert hat? Während vor Jahren primär Personen aus dem pädagogischen Bereich und aus der Hochschulwelt sich mit gendergerechter Sprache beschäftigt haben, betrifft es heute jede und jeden von uns, oder jede*n oder jede:n? Gibt es eine Best Practice ausserhalb des Elfenbeinturms?

Vor kurzem hat das Schweizer Fernsehen kommuniziert, dass es in allen Formaten stärker auf genderneutrale Sprache achten will. Längst ist bekannt, dass es neben dem männlichen und weiblichen Geschlecht eine Vielfalt an sexuellen Identitäten gibt. Facebook bietet bekanntlich seit 2014 seinen Nutzer*innen die Möglichkeit, aus 60 Geschlechtsidentitäten zu wählen.

Aber was heisst eigentlich gendergerechte Sprache? Die Stabsstelle Diversity des Prorektorats Internationales, Gleichstellung und Vielfaltsmanagement der Universität Rostock legt folgende Definition an: «Mit gendergerechten Schreibweise ist ein Schriftbild gemeint, welches die Gleichstellung der Geschlechter zum Ausdruck bringt. Alternativ können auch die Bezeichnungen gendersensible, geschlechterinklusive, geschlechtsneutrale, geschlechtergerechte sowie nicht-sexistische Schreibweise verwendet werden. Die wesentlichen Richtungen, die eine gendergerechte Schreib- und Sprechweise versucht einzuschlagen, die Sichtbarmachung aller Geschlechter sowie eine Neutralisierung der Sprache in Bezug auf die Kategorie Geschlecht.»

Aus Sicht eines Bildungs- und Beratungsunternehmens ist es uns natürlich ein Anliegen, unsere Kund*innen so anzusprechen, dass sie sich ernst genommen fühlen. Im Rahmen der Erarbeitung des Profolios, unserem neuen Arbeitsinstrument für die Sekundarstufe I, haben wir uns deshalb intensiv mit dem Thema befasst. So ist es für uns besonders wichtig, Geschlechterstereotypen bei Berufen aufzulösen und den Jugendlichen zu signalisieren, dass es keine Berufe gibt, die für sie aufgrund ihres Geschlechts nicht wählbar sind. Hier leistet unser Illustrator grossartige Arbeit und wir freuen uns, dass wir mit den Vertreter*innen der Hochschule Basel Profis aus dem Genderbereich dafür gewinnen konnten, uns bei der geschlechtsneutralen Form(ulierung) unseres Lehrmittels zu unterstützen.

Im Privaten fällt mir durchaus auf, dass die gendergerechte Sprache, insbesondere das Inkludieren aller Geschlechter, Aufwind hat. Das Schweizer Fernsehen nutzte seit längerem den *. Für die Moderator*innen der Tagesschau bedeutet dies, eine kleine Sprechpause zwischen Zuschauer und -innen einzulegen, während sie sprechen. Eine Ausdrucksweise, die sich auch an der Hochschule und in vielen Reden oder Podcasts zeigt. Wobei ich persönlich das Gefühl habe, dass es in Deutschland schon etwas stärker verbreitet ist als in der Schweiz.

Als ich den Blog vor knapp zwei Jahren gestartet habe, hatte ich mich für die *-Schreibweise entschieden, nachdem ich gelernt hatte, dass der Schrägstrich die diversen Optionen nicht berücksichtigt. Auch an Hochschulen, in Schulen und auf Social Media war der * gern genutzt. Und in den letzten Monaten, wie erwähnt, hält er Einzug in die Wirtschaft, via Fernsehen (SRF meldet im April, nun auf den Doppelpunkt umzustellen), Zeitschriften etc. Dagegen haben Hochschule und Social Media, beispielsweise Linkedin auf eine neue Schreibweise umgestellt. Den Doppelpunkt. Um ihre Leser:innen oder Höhrer:innen anzusprechen.

Im Gespräch mit unseren Gender-Profis haben wir herausgefunden, dass der Doppelpunkt analog dem * alle Geschlechter inkludiert, zusätzlich aber den Zugang für Sehbehinderte möglich macht. Und zwar weil er durch Sprachausgabeprogrammen für Blinde oder sehbehinderte Menschen am besten wiedergegeben werden kann. Für mich absolut nachvollziehbar und ein gewichtiger Grund, euch liebe Leser:innen künftig in der Doppelpunkt-Form anzusprechen und somit die Inklusion von Sehbehinderten zu ermöglichen. Denn gendergerechte Sprache kann noch viel mehr Inklusion leisten als «nur» eine Inklusion aller Geschlechter.

Heisst das jetzt, dass wir blind jedem Trend folgen, der da draussen existiert? Ganz klar nein. Wir prüfen, wägen ab und verwenden, was uns praktikabel und sinnvoll erscheint. Sprache, gerade wenn sie in einem Lehrmittel steht, muss vor allem dem Anspruch genügen, klar und verständlich zu sein. Und für uns ist sie ganz klar kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um unsere Botschaft in die Schulhäuser und Haushalte zu transportieren. Und in diesem Fall, macht für uns das Folgen Sinn. Und deshalb logg ich mich jetzt ins Backend des Profolios ein und passe die Formulierungen an.

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